Klar, wenn ihr mit Corona infiziert seid, habt ihr in einem Flugzeug nichts zu suchen, aber es gibt auch viel harmlosere Krankheiten oder Umstände, mit denen ihr als fluguntauglich geltet. Bei welchen Krankheiten darf man nicht fliegen – diese Frage klären wir in diesem Artikel.
Fluguntauglichkeit Gründe: Fliegen mit Herzklappenfehlern?
Ernsthaft mit dieser Frage beschäftigt, habe ich mich erstmals vor zwei Jahren, als bei meiner Frau schwere Herzklappenfehler diagnostiziert wurden. Drei von vier Herzklappen mussten operativ erneuert werden. Mein erster Reflex war: Ab ins Flugzeug nach Deutschland und dort machen lassen, doch das stellte sich als gar nicht so einfach heraus.
Die Ärzte in Thailand machten relativ schnell klar, dass sie für den Plan kein Fit2Fly- Attest ausstellen würden, weil meine Frau einen Langstreckenflug in 10 Kilometern Höhe möglicherweise nicht überleben würde. Kurzstreckenflüge in geringerer Flughöhe seien dagegen kein Problem. Ich habe mich also auf die Suche nach einem Routing mit vielen kleinen Hüpfern von Thailand nach Deutschland gemacht und die Suche schnell aufgegeben. Zum Glück gibt es auch in Thailand hervorragende Herz- Spezialkliniken.
Herzkrankheiten sind also ein Fall, bei dem man nicht pauschal von einem Flugverbot sprechen kann, denn es kommt auf die physische Verfassung an. Aber es bedarf auf jeden Fall der ärztlichen Rücksprache, bevor man sich auf einen Langstreckenflug begibt. Außerdem kommt es auf den konkreten Herzfehler an. Herzkrankheiten, die medikamentös gut einstellbar sind, ermöglichen ggf. eher eine Flugreise als eben z.B. ein akuter Herzklappenfehler. Herzklappenfehler basieren auf einem mechanischen Problem – die Herzklappe schließt nicht mehr richtig und das Herz muss stärker gegen die undichten Klappen anpumpen. Das ist medikamentös in der Regel nur für die Zeit bis zur notwendigen Operation in den Griff zu bekommen.
Weitere Herzbeschwerden, mit denen man nicht fliegen kann
Weitere No-go’s bzw. No-fly’s sind auch schwerwiegende Herz- oder Lungenleiden mit begleitenden Atemschwierigkeiten oder ein kürzlich zurückliegender Herzinfarkt. Auch ungenügend stabilisierte Angina pectoris sowie Herzinsuffizienz, Pneumothorax sind Krankheiten, mit denen man nicht fliegen darf. Ein gerade überstandener Schlaganfall gehört ebenfalls zu den Ausschlusskriterien für einen Langstreckenflug. Der niedrige Luftdruck in einer Flugzeugkabine sorgt für eine permanente, milde Hypoxie, also einen Sauerstoffmangel im Blut, der dem genannten Patientenkreis zu schaffen machen kann.
Ärzte werden im Zweifelsfall natürlich eher von der Reise abraten, als ihren Praxisstempel auf ein Attest zu setzen und damit womöglich eine Notlandung eines Langstreckenfluges zu verantworten. Mit schwerwiegenden Herzkrankheiten sollte man nicht fliegen.
Unproblematisch ist dagegen das Fliegen mit einem Herzschrittmacher. Hier müsst ihr aber natürlich entsprechende Vorsichtsmaßnahmen bei den Sicherheitskontrollen beachten.
Eine reisemedizinische Gemeinschaftspraxis aus dem schönen Gelsenkirchen hat die Frage der Flugtauglichkeit bei Herzerkrankungen mit dem schönen Merksatz zusammengefasst: Ein Mensch ist flugtauglich, wenn er die Gangway eines Flugzeuges selbständig ohne Luftnot hinaufkommt. Menschen mit Bluthochdruck unter 200/120 können dagegen in der Regel bedenkenlos fliegen. Allerdings muss man darauf achten, dass die Medikamente auch während des Fluges eingenommen werden.
Flugverbot bei Infektionskrankheiten
Eine Regel, die uns seit den Pandemiezeiten natürlich einleuchtet: Wer infektiös ist, der hat im Flugzeug nichts zu suchen. Das gilt allerdings nicht nur für Corona sondern auch für andere ansteckende Infektionskrankheiten. Insbesondere dürfen Kinder mit Röteln, Mumps oder Masern nicht fliegen – abgesehen davon, dass das für die armen Kinder auch kein sonderliches Vergnügen sein würde.
Auch bei vermeintlich harmlosen Beschwerden wie einem Hautausschlag kann euch eine Flugzeug- Crew das Boarding verweigern. Infektionsschutz ist in verschiedenen Ländern unterschiedlich stark ausgeprägt. Aber die Grundregel „wer infektiös ist, bleibt am Boden“ ist ziemlich universell.
Neben dem Schutz der anderen Fluggäste ist bei vielen Infektionen ein Flug auch mit einem deutlich erhöhten Risiko für den Erkrankten verbunden. Dies gilt insbesondere bei Erkrankungen unter Beteiligung der Atemwege sowie des HNO- Bereichs. Jeder, der mal mit einer verstopften Nase den Landeanflug angetreten ist, weiß, welche fürchterlichen Kopfschmerzen durch fehlenden Druckausgleich verursacht werden. Noch viel schlimmer ist das Gefühl bei einer akuten Mittelohrentzündung. Hier kann der mangelnde Druckausgleich zu ernsten Problemen führen.
Ein akute Mandelentzündung ist ebenfalls ein Grund, seinen Flug abzusagen. Nicht nur ist eine Mandelentzündung ansteckend und setzt Mitreisende entsprechend einem Risiko aus. Die ohnehin schon geschwollenen Mandeln können an Bord eines Flugzeuges durch den veränderten Luftdruck aber noch weiter anschwellen, was zunehmend unangenehm ist.
Auch Fieber kann ein Ausschlusskriterium für den Antritt einer Flugreise sein. Denn es erhöht nicht nur die Ansteckungsgefahr für Mitreisende sondern senkt auch die Hypoxietoleranz, also den Umgang eines gesunden Körpers mit dem künstlich verursachten Sauerstoffmangel in einer Flüghöhe von mehr als 10.000 Metern. Infektionskrankheiten gehören daher zu den Krankheiten, mit denen man nicht fliegen darf. Lest euch auch meine Tipps für die Reiseapotheke durch.
Fliegen mit Magen- Darm Infektionskrankheiten
Absolut tabu ist eine Flugreise, wenn ihr an einer akuten Magen- Darm- Infektion leidet. Denn hier steigt nicht nur für euch das Risiko einer Dehydrierung, weil zu der trockenen Luft noch der Wasserverlust durch häufige Toilettengänge kommt. Auch setzt ihr eure Mitreisenden einem hohen Ansteckungsrisiko aus. Magen- Darm Infektionen verbreiten sich typischerweise über die gemeinsame Nutzung der Toilette – und davon gibt es an Bord eines Flugzeugs nur eine sehr begrenzte Zahl.
Fliegen mit Leistenbruch
Es gibt Krankheiten oder Beschwerden, mit denen man problemlos fliegen darf, aber nicht kurz nach einer Operation. Ich habe derzeit einen Leistenbruch, den ich in Deutschland operieren lassen will. Mit einem Leistenbruch fliegen, ist kein größeres Risiko als am Boden, aber mit einem frisch operierten Leistenbruch ist die Flugzeugkabine tabu. Mindestens zwei Wochen darf ich nach der OP nicht abheben. Bei komplizierteren Operationen insbesondere Abdomen- und Thoraxoperationen gilt ein Flugverbot von mindestens sechs Wochen.
Ein Kind zu kriegen, ist zwar keine Krankheit, kann aber ebenfalls zu einem Flugverbot führen – nämlich dann, wenn das Kind per Kaiserschnitt zur Welt gekommen ist. Auch in diesem Fall ist ein Flug tabu. Auch während der Schwangerschaft dürfen Frauen in einem bestimmten Zeitkorridor (unterschiedlich von Airline zu Airline, aber oft zwischen der 28. und 35. Schwangerschaftswoche) nur noch mit einem ärztlichen Attest fliegen und ab vier Wochen vor der Niederkunft gar nicht mehr. Wer kein ärztliches Attest hat, kann bei der Airline in der Regel einen so genannten Waiver unterschreiben. Mit diesem erklärt man, dass der Flug auf eigene Gefahr duchgeführt wird. Ab der 35. SSW lassen Airlines euch aber i.d.R. auch mit dem Waiver nicht mehr ins Flugzeug. Was es zu beachten gibt, wenn das Kind erstmal da ist, habe ich in diesem Artikel aufgelistet: Fliegen mit Baby – Gepäckregeln, Kinderwagen etc.
Mit einer frischen OP- Narbe darf man also nicht fliegen. Die o.g. Reisemediziner haben es für einige typische Eingriffe etwas detailierter aufgeschlüsselt und Wartezeiten nach Operationen definiert:
- Operationen im Mittelohr- und Nasennebenhöhlenbereich – 10 Tage
- Kleinere Bauch- und Brustkorboperationen (z.B. Appendektomie „Blinddarmentfernung“) – 10 Tage
- Größere chirurgische Eingriffe – bis 6 Monate
- Eingriffe an den Herzkranzgefäßen und Bypass-Operation – mindestens 3 Wochen
- Augenoperationen (z.B. Grauer Star) – 4 Wochen
Fliegen mit Zahnschmerzen?
Zahnschmerzen können schon am Boden jegliche Lebensfreude vertreiben. Richtig unangenehm können Zahnschmerzen aber an Bord eines Flugzeugs werden. Die gute Nachricht ist zwar, dass Zahnschmerzen nicht ansteckend sind. Doch Karies kann zu kleinen Hohlräumen unterhalb der Zähne führen – und die Luft in diesen Hohlräumen dehnt sich wegen des niedrigeren Luftdrucks in der Flugzeugkabine aus. Das Ergebnis ist ein stärkerer Druck auf die Nerven des Zahns – mit entsprechend stärkeren Zahnschmerzen.
Ein Flug kann dabei übrigens auch ein Frühindikator sein, wenn ihr am Boden noch gar keine Schmerzen habt. Der geringere Luftdruck kann nämlich auch Schmerzen erst verursachen und euch damit einen Hinweis geben, dass mit eurer Zahngesundheit etwas nicht stimmt.
Verboten ist das Fliegen mit Zahnschmerzen aber natürlich nicht.
Aus der Tiefsee in luftige Höhen? Besser nicht
Noch etwas, was ich nicht wusste, bis mir ein Freund davon erzählte, dass er seinen Tauchurlaub in Phuket zwei Tage vor seinem Rückflug beenden müsse und mich noch besuchen kommen wolle. Taucher dürfen für eine bestimmte Zeit nach dem letzten Tauchgang nicht fliegen. Der Grund dafür ist der Stickstoffgehalt unseres Blutes, der sich beim Tauchen verändert. Je tiefer man taucht, desto stärker steigt der Stickstoffgehalt an. Entsprechend langsam muss der Aufstieg zur Wasseroberfläche erfolgen, damit die Stickstoffmenge abgebaut werden kann.
Wenn man nun relativ kurz nach einem Tauchgang in ein Flugzeug steigen würde, könnte der Stickstoff Bläschen im Gewebe bilden, die den Blutkreislauf behindern, weil der Umgebungsdruck in einem Flugzeug niedriger ist. Diese so genannte Dekompressionskrankheit kann schwerwiegende Folgen haben. Üblicherweise sind Taucher mit einer Pause von 24 Stunden zwischen dem letzten Tauchgang und dem Abflug auf der sicheren Seite.
Fliegen mit Gipsverband
Wer nach einem Knochenbruch einen Gipsverband hat, wird möglicherweise nicht an Bord eines Flugzeugs gelassen. Grund ist auch hier wieder der niedrige Kabinendruck, der zur Anschwellung des Gewebes führt. Ihr kennt das Phänomen von euren Füßen, die am Ende eines Langstreckenfluges nicht mehr so recht in den Schuh passen wollen. Stellt euch vor, euer Fuß ist nicht in einem immerhin dehnbaren Lederschuh sondern einem starren Gipsverband und das Problem wird euch klarer. Gerade bei eingegipsten Füßen oder Beinen steigt auch das Risiko für eine Thrombose erheblich, weil die Bewegung der Beine, die der Thrombose normalerweise entgegenwirkt, mit einem eingegipsten Bein natürlich nicht möglich ist – das ist ja gerade der Sinn des Gipsverbandes.
Doch auch bei einem Gipsverband am Arm können die Schwellungen während eines Fluges zu Problemen führen. Erkundigt euch vor einem Flug mit Gips unbedingt bei eurer Airline und sprecht vor allem auch mit eurem Arzt.
Fluguntauglich bei psychischen Erkrankungen?
Bei den meisten bisher genannten Erkrankungen erschließt sich die Fluguntauglichkeit aus offensichtlichen physiologischen Gründen. Doch was ist eigentlich mit psychischen Erkrankungen? Auch hier gilt die Grundregel: Fluguntauglich sind Passagiere dann, wenn sie entweder eine Gefahr für den reibungslosen Flugablauf, für die Mitreisenden oder für sich selbst darstellen. Deshalb liegt die erste Entscheidung, ob man fluguntauglich ist, auch immer beim Passagier selbst, denn in den meisten Fällen ist eine Erkrankung, die eine Gefahr bedeuten würde, nicht auf den ersten Blick erkennbar. Erste Kontrollinstanz ist also immer das Verantwortungsbewusstsein des beeinträchtigten Passagiers.
Dieses Verantwortungsbewusstsein kann aber bei psychischen Erkrankungen getrübt sein. Auch ist Betroffenen das Risiko vielleicht gar nicht bewusst. Eine Angststörung, die man in gewohnter Umgebung gut unter Kontrolle hat, kann in einer Flugzeugkabine möglicherweise außer Kontrolle geraten. Flugreisende mit psychischen Problemen sollten sich insbesondere vor Langstreckenflügen mit ihrem Arzt absprechen, um eventuelle Risiken besser einschätzen zu können.
Fluguntauglich – wer entscheidet über Flugverbot?
Wir Deutsche neigen ja zu der Grundeinstellung, dass alles seine Ordnung haben müsse. Dazu gehört im Verständnis vieler auch, dass es eine einsehbare Liste von Erkrankungen geben müsse, bei denen ein Flugverbot gilt. Die gibt es allerdings nicht und das ist auch gut so, denn am Ende kommt es eben doch immer auf den Einzelfall an.
Entsprechend hat im Zweifelsfall der Flughafenarzt das letzte Wort. Viele Airlines, wie auch die Lufthansa, haben ein großes Netz von Vertragsärzten rund um den Globus. Diese sollen im Zweifel beim Boarding die Flugtauglichkeit von Passagieren beurteilen und ggf. Flugverbote aussprechen. Wer sich auf so ein Glücksspiel nicht einlassen möchte, sollte seine Flugtauglichkeit also möglichst schon vorher mit seinem Hausarzt besprechen. Dieser kann euch durch eine Fit2Fly Bescheinigung, also ein Flugtauglichkeits Attest, bestätigen, dass ihr fliegen dürft.
Fazit
Der gesunde Menschenverstand und eine Portion Verantwortungsbewusstsein der Flugzeug- Crew, aber auch sich selbst gegenüber sollten eigentlich ausreichen, die Frage zu beantworten, wann man fluguntauglich ist und bei welchen Krankheiten ein Flugverbot gilt. Wer sich unsicher ist, sollte in jedem Fall das Gespräch mit dem Hausarzt suchen, um nicht am Gate abgewiesen zu werden.
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Wer schreibt denn hier?
Kai hat sich 2015 nach Jahren des Reisens schrittweise aus Deutschland verabschiedet und lebt seitdem die meiste Zeit des Jahres in Asien. In seinem früheren Leben hat er 10 Jahre in der Arbeits- und Sozialrechtsberatung gearbeitet.