Sabbaticals oder ein Sabbatjahr einzulegen, wird in Deutschland immer beliebter. Obwohl man natürlich nicht verpflichtet ist, seine Freistellung für eine ausgedehnte Reise zu nutzen, gehen viele während ihres Sabbatjahrs auf Weltreise. Was ihr neben Geld für eine Weltreise braucht, ist Zeit. Wer in einem Arbeitsverhältnis steht, hat im Grunde fünf Möglichkeiten, sich freie Zeit für ein Weltreise Sabbatical zu schaffen. Ich stelle sie euch in diesem Artikel vor.
Sabbatjahr als Burnout Prophylaxe
War ein Sabbatjahr in den 90’er oder frühen 2000’er Jahren eher was für spleenige Außenseiter, sind Sabbaticals heute in aller Munde. Selbst bei Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden hat sich die motivatorische Wirkung einer längeren Auszeit vom Job inzwischen rumgesprochen. Auch kann ein Sabbat Jahr in Zeiten hoher Arbeitsverdichtung auch eine positive Wirkung als Burnout Prophylaxe haben. Arbeitnehmer können während der Auszeit vom Beruf die Akkus wieder aufladen und kehren danach gestärkt wieder ins Arbeitsleben zurück.
Vor zwanzig Jahren war man noch vor die Wahl gestellt, entweder einen Job zu haben oder ein Sabbatical zu machen. Heute gibt es immer häufiger die Möglichkeit, die Sicherheit eines festen Arbeitsplatzes mit der Freiheit flexibler Arbeitszeitmodelle zu kombinieren. Es hat dazu wohl auch eines Generationswechsels in den Chefetagen großer Unternehmen bedurft, der eine größere Offenheit für Freistellungsmodelle mit sich gebracht hat.
Das klassische Sabbatjahr ist – wie der Name schon sagt – ein Jahr lang. Doch ist die Dauer der Auszeit nicht in Stein gemeißelt. Mathematisch ist auch jede kürzere oder längere Abwesenheitsphase möglich. Abhängig davon, ob ihr nach dem Sabbatical die Rückkehr nach Deutschland plant und ob Einvernehmen mit eurem Arbeitgeber möglich ist, gibt es im Grunde fünf Wege zum Sabbatjahr.
Sabbatjahr – die perfekte Lösung: Ansparen
Das Prinzip eines Sabbatjahrs ist so einfach wie genial: Man verzichtet eine Zeit lang auf einen Teil seines Bruttogehaltes und bekommt dafür während des Sabbaticals seinen Lohn aus dem angesparten Geld fortgezahlt. Dabei sind eine Menge Modelle denkbar – abhängig davon, auf wie viel man monatlich verzichten kann und wie schnell man auf Weltreise gehen will. Allen Modellen gleich ist die Aufteilung in eine Ansparphase und eine Freistellungsphase.
Ein gängiges Modell sieht so aus: Man verzichtet vier Jahre lang auf zwanzig Prozent seines Bruttolohns und bekommt dafür im fünften Jahr 80 Prozent seines Lohns ausbezahlt. Ihr arbeitet also vier Jahre ganz normal Vollzeit, bekommt aber weniger Geld und arbeitet dafür im fünften Jahr überhaupt nicht, werdet aber aus dem angesparten Geld weiter bezahlt. Angenehm ist, dass der Verzicht auf zwanzig Prozent brutto aufgrund der Steuerprogression nicht dazu führt, dass man auch zwanzig Prozent weniger ausgezahlt bekommt. So ist der Verzicht etwas leichter zu verschmerzen.
Verzichtet ihr nur auf fünf Prozent mehr Bruttolohn im Monat, könnt ihr die Ansparphase schon um ein ganzes Jahr verringern. Bei 75% Bruttolohn reichen nämlich schon drei Jahre Ansparen, um im vierten Jahr dann mit 75% Lohn ins Sabbatjahr zu gehen.
Das ist natürlich vor allem etwas für diejenigen, die langfristig planen und einen sicheren Job haben, bei dem sie eben auch abschätzen können, dass sie ihn auch noch mindestens vier, fünf Jahre machen wollen. Wem das zu langfristig ist, der kann natürlich mit den Variablen ein bisschen spielen und z.B. nur zwei Jahre ansparen und dafür nur sechs Monate auf Weltreise gehen.
Abhängig davon wie euer Reisemodus sein wird und welche Länder ihr bereisen wollt, könnt ihr den in zwei Jahren angesparten Betrag auch auf ein ganzes Sabbatjahr ausdehnen. Ihr würdet in dem Fall dann eben nicht sechs Monate 80% eures Gehalts bekommen sondern zwölf Monate nur 40%. Da gibt es natürlich am Ende ein paar sozialversicherungsrechtliche Einschränkungen zu beachten, aber wo ein Wille ist und der Arbeitgeber mitspielt, ist immer auch ein Weg. Wenn ihr ein sehr hohes Gehalt habt, kann die Hälfte davon für ein Sabbatjahr mit Schwerpunkt in Asien schon eine gute Grundlage sein.
Weitere Ansparmöglichkeiten fürs Sabbatjahr
Weitere Variablen, mit denen ihr die Ansparphase verkürzen könnt, sind zusätzliche Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, tarifliche Urlaubsansprüche (die über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehen) oder Überstunden. Ihr könntet in der Ansparphase auf einzelne Leistungen verzichten und damit die Auszahlungen während der Freistellungsphase entsprechend erhöhen. Wenn ihr mit eurem Arbeitgeber eine Art Lebenszeit- Arbeitszeitkonto vereinbart, könntet ihr da nach eigenem Gusto vielleicht noch ein halbes Weihnachtsgeld, zwei ungebrauchte Urlaubstage und 50 Überstunden im Jahr „einzahlen“, um euer Ziel schneller zu erreichen.
Wichtig ist bei solchen Langzeitkonten die Absicherung eures „Zeitguthabens“ gegen Insolvenz – das Guthaben sollte also auf einem Treuhandkonto angelegt werden, das vom Vermögen des Arbeitgebers getrennt ist, damit das Geld im Falle einer Insolvenz nicht in die Insolvenzmasse eingeht.
Der Nachteil ist, dass Arbeitnehmer in der Regel keinen gesetzlichen Anspruch auf die Genehmigung eines solchen Sabbatjahrs haben. Ausnahmen gibt es für Beamte und Angestellte im Öffentlichen Dienst. Darüber hinaus gibt es teilweise tarifliche Regelungen wie z.B. in der Chemischen Industrie.
Insofern muss mit dem Arbeitgeber Einvernehmen hergestellt werden. Eine kleine Krücke bietet das Teilzeit- und Befristungsgesetz, nach dem Arbeitnehmer einen Anspruch darauf haben, dass ihre vertragliche Arbeitszeit auf Wunsch verringert wird. Dabei kann der Arbeitnehmer die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben. Da das Gesetz nicht auf die wöchentliche Arbeitszeit abstellt, könnte man einen Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit um zwanzig Prozent stellen und eine Verteilung der Arbeitszeit fordern, nach der vier Jahre lang 100 Prozent gearbeitet wird und im fünften Jahr dafür null Prozent.
Weltreise Sabbatical – die problematische Lösung: Unbezahlter Urlaub
Was klingt wie die unkomplizierteste Lösung, kann im Einzelfall schnell problematisch werden. Der Arbeitgeber gewährt euch einfach unbezahlten Urlaub. Ihr könnt auf Reisen gehen und der Arbeitgeber muss nicht zahlen. Klingt gut, oder?
Tatsächlich fangen die Probleme in diesem Fall schon mit der Sozialversicherung an. Im ersten Monat einer solchen unbezahlten Freistellung seid ihr noch sozialversichert. Danach enfallen für den Arbeitgeber die Beiträge, so dass ihr euch selbst kranken- und pflegeversichern müsst. Auch aus der Arbeitslosen- und Rentenversicherung scheidet ihr aus. Ihr könnt zu letzteren freiwillig eigene Beiträge zahlen, bekommt aber keinen Arbeitgeberanteil dazu. Verzichtet ihr darauf, mindert das euren Arbeitslosengeld- Anspruch für den Fall, dass ihr nach der unbezahlten Freistellung arbeitslos werden solltet und langfristig natürlich auch euren Rentenanspruch.
Wer nicht arbeitet, bekommt darüber hinaus nicht nur keinen Lohn sondern auch keine Lohnzusatzleistungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, Urlaubstage, vermögenswirksame Leistungen etc. Wie auch bei den o.g. Modellen zum Sabbatjahr gibt es auch auf unbezahlten Urlaub keinen gesetzlichen Anspruch. Ihr müsst euch also auf jeden Fall mit eurem Arbeitgeber einigen.
Vorteil: Da der Arbeitgeber nach einem Monat aus den Zahlungspflichten zur Sozialversicherung raus ist, ist ihm ein Einverständnis vielleicht schneller abzuringen. Zudem ruht das Arbeitsverhältnis zwar, aber es ist nicht beendet. Es gelten also weiterhin z.B. die Regelungen zum Kündigungsschutz.
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Wenn es schnell gehen soll – Urlaub zusammenlegen
Okay, das ist eher ein Mini Sabbatical, aber wem alle anderen Varianten zu lange dauern, der kann seinen Arbeitgeber bitten, über den Jahreswechsel zwei Jahresurlaube zusammenlegen zu dürfen. Je nach eurem Urlaubsanspruch habt ihr da schon mal mindestens zwei bis drei Monate frei. Hängt ihr dann noch einen Monat unbezahlten Urlaub (s.o.) dran oder habt vielleicht auch noch ein paar Überstunden vor euch hergeschoben, dann habt ihr schon ein schönes Zeitfenster für eine kleine Weltreise.
Allerdings muss auch hier der Arbeitgeber mitspielen. Zwar entscheidet grundsätzlich der Arbeitnehmer selbst, wann er den Urlaub nehmen möchte und der Arbeitgeber kann dem nur widersprechen, wenn dringende betriebliche Gründe dagegen sprechen, doch ist bei einem solchen Wunsch, der ja auch deutlich mehr organisatorischen Aufwand verursacht als ein Zwei- Wochen- Urlaub im Sommer, die Gefahr natürlich auch größer, dass das aus betrieblichen Gründen nicht machbar ist.
Spätestens bei der Verlängerung eures bezahlten Urlaubs durch einen Monat unbezahlten Urlaub wärt ihr dann auf jeden Fall auf die Zustimmung des Arbeitgebers angewiesen. Der Vorteil an dieser Variante ist, dass nicht lange angespart werden muss – die Abreise also vergleichsweise schnell erfolgen kann – und ihr finanziell besser abgesichert seid als bei einer reinen unbezahlten Lösung.
Weltreise Sabbatical – die Risikovariante: Job kündigen
Wer in seinem Job ohnehin unzufrieden ist, nicht mehr lange warten will und schon ein bisschen Geld zurück gelegt hat, der wird vermutlich zur Risikovariante tendieren und seinen Job einfach kündigen. Der Vorteil ist, dass man nach Ablauf der Kündigungsfrist sofort frei ist zu tun, was immer man möchte.
Wer zu dieser Variante neigt, sollte sich zumindest ein paar Gedanken machen, wie es nach der Weltreise weitergehen soll. Ist man jung und hoch qualifiziert oder aus einem Bereich, wo immer Arbeitskräfte gesucht werden, ist das Risiko relativ gering. Dennoch schadet es nicht, sich ein bisschen abzusichern für den Fall, dass nach der Rückkehr doch nicht alles nach Wunsch läuft. Das Wichtigste ist dabei, sich einen eventuellen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu sichern und Sperrfristen zu vermeiden.
Zur Vermeidung einer Sperrzeit im Arbeitslosengeldbezug ist es vor allem wichtig, dass ihr entweder einen sachlichen Grund für eine Eigenkündigung habt oder – besser – den Arbeitgeber um eine betriebsbedinge Kündigung bittet (soweit das möglich ist). In diesem etwas älteren Artikel findet ihr alles Wichtige zum Arbeitslosengeld nach der Weltreise.
Weltreise Sabbatical – eine neue Hoffnung: Home Office
In Pandemiezeiten haben wir alle gerade gelernt, dass viele Jobs im digitalen Zeitalter eigentlich keine physische Anwesenheit im Büro mehr erfordern. Typische Bürojobs sind theoretisch oft vollkommen ortsunabhängig und selbst bei Jobs mit „Kundenkontakt“ sind Videokonferenzen inzwischen schon gang und gäbe – und selbst für Arbeitgeber aus dem analogen Zeitalter gibt es heutzutage digitale Lösungen. Ich habe eine deutsche Festnetznummer, unter der ich in Thailand erreichbar bin. Kostet mich einen Cent pro Gesprächsminute und der Gesprächspartner erkennt höchstens am Meeresrauschen im Hintergrund, dass ich gerade nicht in Lübeck bin.
Wer das Glück hat, einen aufgeschlossenen Arbeitgeber zu haben, der kann sein Arbeitspensum auch von unterwegs schaffen. Allerdings ist das eher etwas für Menschen, die nicht allzu viel umherreisen wollen sondern sich eine Homebase away from home einrichten wollen. Thailand z.B. ist voll mit Softwareentwicklern, Webdesignern, Consultants aus allen Bereichen und Callcenter Agents aus allen Herren Ländern. Natürlich gibt es dabei Herausforderungen wie die Zeitverschiebung oder das Erfordernis eines zuverlässigen Internetanschlusses, für die man Lösungen finden muss.
Ortsunabhängiges Arbeiten und Homeoffice away from home sind vermutlich eher etwas für Leute, die die eigentliche Weltreise schon gemacht haben und sich schon für eine Ecke der Welt entschieden haben, von der aus sie ihren Alltag organisieren wollen. Trotzdem ist Homeoffice auch auf Reisen mindestens theoretisch denkbar, so lange man ein Arbeitspensum hat, dessen Erledigung man sich flexibel einteilen kann. Wenn ihr dagegen feste Präsenzzeiten habt, zu denen ihr erreichbar sein müsst, ist das auf Reisen kaum einzurichten. Dafür braucht man dann schon einen festen Standort.
Sonderfall Sabbatjahr für Lehrer und Beamte
Lehrer und Beamte gehören zu den Berufsgruppen, für die es eine gesetzliche oder tarifliche Regelung zu Sabbaticals gibt. Für Beamte des Bundes ist diese im Großen und Ganzen in § 91 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) i.V.m. § 9 Abs. 1 Arbeitszeitverordnung Bund (AZV) geregelt. Demnach können Beamte eine Verkürzung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit um bis zu 50% beantragen. Dabei haben sie die Möglichkeit, eine Verteilung der Teilzeitarbeit zu beantragen, bei der zunächst in Vollzeit weitergearbeitet wird und das angesparte Arbeitszeitguthaben später durch Blockfreizeit genommen werden kann. Der Freizeitblock kann bis zu einem Jahr betragen.
Für Tarifbeschäftigte des Bundes gilt hingegen grundsätzlich der Tarifvertrag Öffentlicher Dienst TVÖD. Hier kommt als Rechtsgrundlage für ein Sabbatjahr § 10 Abs. 6 TVöD in Betracht. Demnach kann die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos verlangt werden, das über eine verlangte Teilzeitbeschäftigung nach § 11 TVöD aufgefüllt werden kann.
Für Lehrkräfte gelten in den Bundesländern wie schon erwähnt unterschiedliche Regelungen, da Bildung Ländersache ist.
Sabbatjahr – Häufige Fragen
Weltreise Sabbatical – Fazit
Bei wem sich das Reisefieber langsam aufbaut und einen nicht in Schüben übermannt, der tut gut daran, sich rechtzeitig mit seinem Arbeitgeber zusammen zu setzen und Möglichkeiten eines Zeitkontos zu diskutieren. Wenn man eine feste Abmachung hat, fällt das Warten auch etwas leichter, weil man auf ein Ziel hinarbeitet und bereits weiß, wann man es erreicht. Wer bereits genügend Geld für eine Weltreise auf der hohen Kante hat und sicher sein kann, später auch wieder einen Job zu finden, für den wird die radikale Lösung am attraktivsten sein. Wie seid ihr bei euren Planungen vorgegangen? Schreibt mir eure Lösungen in die Kommentare.
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Wer schreibt denn hier?
Kai hat sich 2015 nach Jahren des Reisens schrittweise aus Deutschland verabschiedet und lebt seitdem die meiste Zeit des Jahres in Asien. In seinem früheren Leben hat er 10 Jahre in der Arbeits- und Sozialrechtsberatung gearbeitet.