Ein Artikel über das Tuol Sleng Foltergefängnis der Roten Khmer in Phnom Penh wird bedrückender und verstörender sein als die üblichen Artikel auf dieser Seite. So sehr ich Phnom Penh liebe, verursachen mir die Besuche an diesem Ort auch heute noch Magenschmerzen.
Die Roten Khmer in Kambodscha von 1975- 1979
Was einem Kambodscha- Reisenden sofort auffällt, wenn er sich in dem Land bewegt, ist dass man unglaublich viele junge Menschen dort sieht. Der Altersdurchschnitt ist in Kambodscha mit 21,7 Jahren so niedrig wie in keinem anderen asiatischen Land.
Der Grund dafür ist tragisch: Die mittlere Generation ist großteils dem Völkermord unter der Schreckensherrschaft der Roten Khmer von 1975 bis 1979 zum Opfer gefallen. Über eine Million Menschen fielen Schätzungen zufolge der Verfolgung und Vertreibung durch die Steinzeitkommunisten, aber auch der durch ihre kopflose Politik ausgelösten Hungersnöte zum Opfer.
Die Roten Khmer vertrieben die Stadtbevölkerung kurz nach der Eroberung von Phnom Penh aus den urbanen Zentren. Das Regime Pol Pots wollte Kambodscha in eine Agrar- Gesellschaft umwandeln. Schulen und Universitäten wurden geschlossen und Intellektuelle – und als intellektuell galt schon, wer eine Brille trug – wurden kurzerhand umgebracht.
Das paranoide Regime errichtete eine ganze Reihe von Sicherheitsgefängnissen im ganzen Land, wo vermeintliche Regimegegner unter Folter zu Geständnissen gezwungen und dann auf den „killing fields“ getötet wurden.
Tuol Sleng S21 in Phnom Penh
Das berüchtigste und eines der grausamsten dieser Gefängnisse war das ehemalige Schulzentrum Tuol Sleng in Phnom Penh, wo mindestens 12.000 Menschen gefoltert wurden. Nur sieben Häftlinge überlebten den Terror von Tuol Sleng.
Ich habe mich im Rahmen meines politikwissenschaftlichen Studiums sehr eingehend mit verschiedenen
Gewaltphänomenen wie Terrorismus oder eben auch Völkermorden beschäftigt und war bereits ein paar Mal in Tuol Sleng. Viele Gebäude des Komplexes sind im ursprünglichen Zustand erhalten und die bedrückende Atmosphäre, die im krassen Gegensatz zu dem idyllischen Flair des palmenbesetzten Innenhofes steht, lässt einen nie wieder los, wenn man einmal dort gewesen ist.
Im Gebäudetrakt A befinden sich relativ unspektakuläre „Verhörzimmer“, die ihre Eindringlichkeit über die Audio- Tour bekommen, mit der man über Kopfhörer durch die Gebäude geführt wird. Jedem Terrorregime ist übrigens der Hang zur Bürokratie gemeinsam, der dazu führt, dass das Grauen, dass sich hinter den hohen Mauern dort abgespielt hat, gut dokumentiert ist.
So geht man an endlos scheinenden Foto- Wänden vorbei, auf denen die Insassen des Gefängnisses zu sehen sind. Teilweise fotografiert bei der Erfassung direkt nach der Einlieferung, teilweise auch nach den Verhören- von der Folter mit Stromschlägen und Stockhieben gezeichnet.
Das Regime in Tuol Sleng war extrem streng und wurde anhand der „Zehn Regeln“ des Gefängnisdirektors Kaing Guek Eav, genannt Duch, brutal durchgesetzt. Ziel des Aufenthaltes waren Geständnisse; es war streng verboten, die Gefangenen zu Tode zu foltern, weil dann kein Geständnis mehr zu bekommen war. Das Töten erfolgte schließlich auf den killing fields von Choeung Ek außerhalb von Phnom Penh, wo die Gefangenen hingebracht wurden, wenn sie ein eigenhändiges Geständnis abgelegt hatten.
Trotzdem starben natürlich unzählige Gefangene auch schon während der Tortur in Tuol Sleng an den Folgen der Schläge, der Unterernährung oder an grassierenden Krankheiten. Wärter, die den Tod eines Häftlings zu verantworten hatten, endeten in der Regel selbst als Häftlinge, weil sie „Anka“, die Organisation, wie sich der Führungszirkel der Roten Khmer nannte, sabotiert hätten.
Natürlich waren die Insassen in aller Regel keine Dissidenten und viele wussten vermutlich gar nicht, wie ihnen geschah, waren Opfer von Denunziation oder machten sich einfach verdächtig, weil sie z.B eine Brille trugen oder eine Fremdsprache sprachen.
Dass trotzdem alle Gefangenen schließlich unter der Folter teils vollkommen absurde Geständnisse verfassten, bestärkte das Regime offenbar.
Im Gebäudetrakt B sind die Zellen im Originalzustand erhalten. Ehemalige Klassenzimmer wurden mit einfachen Ziegelwänden in ca. 2 Quadratmeter große Zellen unterteilt, wo die Häftlinge am Boden angekettet waren. Außer einem Blecheimer, der als Toilette diente, gab es keine weitere Einrichtung. Unterhaltungen waren gemäß der „Zehn Regeln“ strengstens verboten und wurden mit zehn Stockhieben oder 5 Elektroschocks bestraft.
Die oberen Stockwerke sind zusätzlich mit Stacheldraht abgesichert, um zu verhindern, dass sich Häftlinge aus Verzweiflung selbst umbringen. Das hätte Anka schließlich um ein Geständnis gebracht.
Tuol Sleng Überlebende
Im hinteren Innenhof des Tuol Sleng- Geländes ist inzwischen ein Völkermord- Memorial errichtet worden und auf dem Weg zum Ausgang verkaufen an einigen Tagen zwei der lediglich sieben Überlebenden von Tuol Sleng Bücher mit ihrer eindrucksvollen Lebensgeschichte.
Ich habe mich mit Chum Mey unterhalten können, der vor dem Völkermordtribunal der Vereinten Nationen in Kambodscha gegen den Gefängnisdirektor Duch ausgesagt hatte. Duch, der während seiner Zeit als Gefängnisdirektor Mitte Zwanzig war (und damit den Altersschnitt der Wärter und Folterer in Tuol Sleng, die meist unter Zwanzig waren, deutlich anhob) erhielt im ersten Prozess 18 Jahre Gefängnis, ging dagegen in Berufung und erhielt sehr zur Erleichterung der Nebenkläger schließlich Lebenslänglich.
Chum Mey überlebte lediglich, weil er als Mechaniker über nützliche Fähigkeiten verfügte und Dinge reparieren konnte. Der Paranoia der Roten Khmer und ihrer Ideologie von der steinzeitlichen Agrargesellschaft waren ja schon sehr früh Angehörige aller Berufsstände zum Opfer gefallen, die in irgendeiner Weise über technischen Verstand verfügten.
So landete auch Chum Mey in Tuol Sleng und wurde dort ca. zwei Wochen gefoltert, bevor seine technischen Fähigkeiten ihm das Leben retteten.
Das Genozid- Museum Tuol Sleng in Phnom Penh ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Im Eintrittspreis von 6 US Dollar ist die Audio- Tour enthalten.
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- Waterston, Sam, Sands, Julian, Ngor, Haing S. (Schauspieler)
- Joffe, Roland (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 16 Jahren
Letzte Aktualisierung am 9.09.2023 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
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Wer schreibt denn hier?
Kai hat sich 2015 nach Jahren des Reisens schrittweise aus Deutschland verabschiedet und lebt seitdem die meiste Zeit des Jahres in Asien. In seinem früheren Leben hat er 10 Jahre in der Arbeits- und Sozialrechtsberatung gearbeitet.
Ich befürchte, dass die Bevlkerung in Afghanistan unter Taliban und Antichrist auf 10.000 Menschen auch herunterfallen wird. Aber am Ende kommen dann nicht eine Armee, sondern Jesus kommt.